Die Asporas | Eine Mixed Media - Gruppenausstellung israelischer Künstler in Berlin
Seit einigen Jahren zeigt sich die Tendenz junger israelischer Künstler aus ihrem Heimatland nach Berlin zu ziehen, wo sie sich interessiert mit den vielfältigen kulturellen Möglichkeiten der Stadt auseinandersetzen. Diese Entscheidung zum Neubeginn wird nicht allein aufgrund finanzieller Erwägungen getroffen, sondern vielmehr um einen neuen kulturellen Horizont zu erfahren und ihn eindringlich zu erforschen. Das Zusammenspiel mit der deutschen Hauptstadt ermöglicht einen ganz besonderen Weg: eine Verbindung alteuropäischer Traditionen der Ästhetik mit israelischer Bildwissenschaft.
Die jungen Künstler der angestrebten Ausstellung wurden an Israels renommiertesten Kunstakademien ausgebildet, darunter Midrasha, Bezalel und Hirshberg.
Der Diskurs innerhalb dieser Institutionen – sowie der Diskurs unter den ausgewählten Künstlern selbst – legt den schwer zu beschreibenen, wohl aber bestimmenden Zusammenprall der in der israelischen Kunstszene vorherrschenden Lokaltraditionen mit reichen und pluralistischen äußeren Einflüssen frei.
Die Bezalel Akademie – die erste israelische Kunsthochschule – wurde von der zionistischen Bewegung 1905 von Berlin aus mitgegründet. Ihr Ziel war es, eine neue Richtung in der Kunst zu etablieren, die israelische bildende Kunst und Kunsthandwerk mit importierten europäischen (vor allem deutschen) gestalterischen Traditionen verbinden sollte.
Vorangetrieben wurde diese Initiative durch jüdische Handwerker, Künstler und Architekten, die von den Gründern Bezalels eingeladen und ermutigt wurden, den neuen kulturellen Ton im ebenso neuen Land anzugeben und zu strukturieren. Dabei brachten sie die derzeit in Europa üblichen Kunstbewegungen mit sich, so etwa die Art noveau, Arts and Crafts und den Jugendstil. Diese sollten nun mit den im damaligen Palästina einheimischen Handwerkstraditionen verschmolzen werden, wodurch ein hybrider Stil entstehen sollte, der dem “neuen Israel” angemessen wäre: eine zündende Fusion von Ost und West, dem Nahen Osten und Europa.
Jedoch erwies sich diese utopische Vision im Laufe der Zeit als unvereinbar mit Israels stürmischer Natur, so dass sich die ansässige Kunstszene bald in politisch-zeitgenössischen Konzeptualismus und europäischen Traditionalismus aufteilte. Interessanterweise wird daher häufig die momentane Immigration vieler Israelis nach Berlin nicht als ein Übergang in eine neue und unbekannte Kultur betrachtet, sondern als eine Rückkehr in die künstlerische Landschaft ihrer Vorfahren.
Allerdings werden die kulturellen Erwartungen vieler israelischer Einwanderer des Öfteren enttäuscht: Sie müssen sich mit ihrer eigenen Fremdartigkeit auseinandersetzen, durch die sie andererseits auch einen neuen Zugang zu ihrer Identität gewinnen. Denn in Israel nehmen sich Israelis im Allgemeinen als Europäer wahr, wie es beispielsweise aus ihrer Teilnahme an der Eurovision ersichtlich ist; in Europa aber bilden sie eine israelische Diaspora.
Die Ausstellung hat sich dieser Perspektive angenommen und akzeptiert die Tatsache, dass Israelis Fremde aus dem Nahen Osten sind, die Europa wie ein fernes Objekt besehen und ihm gegenüber einen Betrachtungspunkt einnehmen, der außerhalb seiner selbst liegt – nahezu einen “Okzidentalismus” vertretend. Die Künstler interpretieren somit auf ihre Weise Deutschland, ihr neues Zuhause, obgleich sie eines authentischen Heimatgefühls entbehren.
So will denn jene Generation junger Israelis, heute, im modernen Berlin, – zurückgekehrt in die Stadt ihrer künstlerischen Herkunft und ausgestattet mit einer beeindruckenden Ausbildung und Erfahrung aus dem wilden Israel – mit ihrem dem globalen Hier und Jetzt anhangenden Herzen, den Versuch wagen, die einst verbotenen Gegenpole des Osten und Westen, des Tradtionellen und des Innovativen, des Politischen und des Ästhetischen sowie des Lokalen und Universellen schöpferisch und von neuem gestaltend auf ihre einzigartige Weise zu verbinden.